„Minutenyoga“ – oder vom Umgang mit „guten“ Vorsätzen

„Ein Gramm Praxis ist besser als eine Tonne Theorie“ lautet ein Ausspruch eines indischen Yoga-Gelehrten. Mit den guten Vorsätzen ist es – wider besseren Wissens – oft umgekehrt: Eine Tonne Vorsatz – und die bleibt dann Theorie. Es kann sich um die tägliche Yoga- oder Meditationspraxis auf der Matte oder eine veränderte Lebensführung handeln.

Ein erster Schritt ist, die Motivation für den Veränderungswunsch zu erforschen: Ist er ausschließlich „kopf-“ oder “ vernunft“-gesteuert? Ist er auf ein äußeres Ziel gerichtet, z.B. auf die Anerkennung von außen (abnehmen, Sport treiben) oder weil Sie meinen, inneren Richtern und Zensoren entsprechen zu müssen? Dann stellt sich die Frage, ob der Vorsatz wirklich gut für Sie ist und Ihnen entspricht. Wenn der Vorsatz kurzfristig wieder aufgegeben wird, ist dies fraglich – und dann ist es sogar gut, ihn nicht weiter zu verfolgen.

Kommt die Motivation aus dem Herzen, dem Innersten? Dann wird der Vorsatz länger Bestand haben und ist es wert, genährt zu werden. So, wie ein Pflänzchen gegossen und gehegt werden muss, ist es auch mit dem Vorsatz. Er braucht jeden Tag – besser mehrmals – Ihre volle Aufmerksamkeit.

Yoga können Sie immer und überall praktizieren, denn die „Werkzeuge“ stehen Ihnen immer zur Verfügung: Ihr  Verstand, Ihr Körper und Ihr Atem. Mehr brauchen Sie  nicht. Ihr Alltag ist voller Einladungen, Yoga zu praktizieren: die rote Ampel, die Warteschlange an der Kasse oder am Kaffee-Automaten, die 2 oder 3 Minuten, bis die Bahn oder der Bus kommt, die Zeit, in der das Essen noch kocht, der Tee noch gebrüht wird oder der PC hochfährt…. Diese kostbare Zeit können Sie nutzen, um sich zu ärgern, sich Sorgen zu machen – oder um die Empfindun-gen Ihres Körpers wahrzunehmen, Ihre Gefühle und Gedanken zu beobachten, Ihren natür-lichen Atem zu spüren. Das Beobachten sollte im Laufe der Zeit immer mehr wertungsfrei geschehen, d.h. ohne eine Be- oder Verurteilung der Empfindungen.

Dieses kleine „Minuten-Yoga“ wirkt Wunder in Ihrem Nervensystem, Sie kommen augenblicklich zur Ruhe. Und dann merken Sie  vielleicht wo Sie, obwohl doch so gestresst, tatsächlich noch Zeitreserven haben!

Es ist möglich, dass Sie zu Beginn statt der Ruhe eine innere Unruhe erfahren. Oftmals war sie vorher durch Aktivitäten überdeckt und zeigt sich jetzt. Sie ist ein Zeichen, dass Sie auf dem richtigen Weg sind. Beobachten Sie diese Unruhe möglichst wertungsfrei, so dass sie sich verändern kann.

Diese kleine Yogapraxis, dieses „Gramm“  kann auch weiter in Ihr Leben und Ihren Alltag  wirken, denn Sie gehen anders auf andere Menschen zu, strahlen Ruhe und Selbstsicherheit aus – und Sie können, mit diesem Gleichmut, Ihre Vorhaben und Pläne besser umsetzen.