Yama: 1.ahimsa-YS 2.35

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Dieser Text baut auf die Einführung „Die yama als innerer Kompass“ auf.

Im Sutra 2.30 beginnt der achtgliedrige Pfad (astanga) zum allumfassenden Bewusstseinszustand, samādhi, genannt, mit den yama. Sie bilden die Grundlage für den Weg und sind essentiell. Die fünf yama benennen die Art und Weise, mit der wir unserer Mit-welt begegnen sollten, wollen wir das Ziel erreichen. So wird es oft interpretiert und das ist auch nachvollziehbar. Hingegen werden die darauf folgenden fünf niyama auf die eigene Person bezogen.

Wenn man die yama betrachtet, wird schnell klar, dass diese Unterscheidung nicht viel Sinn macht. Denn wie können wir jemand anderen gegenüber gewaltfrei oder ehrlich sein, wenn wir uns selbst  nicht so behandeln? Bei den yama sollten wir also die Art und Weise, wie wir mit uns selbst umgehen, im Blick behalten. Der Fokus liegt aber im folgenden auf der Beziehung zu unserer Mitwelt.

Das erste yama ist ahimsā. Hier in der Originalschrift (devanagari):Ahimsa in SanskritSo wie die yama unerläßlich auf dem Yogaweg sind, so ist ahimsā die Basis für die weiteren yama. Die weiteren yama sind ohne ahimsā nicht denkbar. Die gleiche Struktur- von der Basis aufbauend- finden wir übrigens beim Thema der klesa (YS 2.3ff.)

Der Begriff ahimsā:
Ahimsā
wird übersetzt mit Gewaltlosigkeit. Wörtlich besteht es aus „a: Nicht“ und „himsā: Verletzen“. Ahimsā bedeutet, niemanden und nichts zu verletzen. Es ist ein Prinzip, dass die Menschen auf dem Yogaweg, und nicht nur sie, ohnehin befürworten und anstreben. Was genau bedeutet ahimsā in der Praxis? Leider gibt uns das Yogasutra keine direkte Beschreibung. Es beschränkt sich auf ein sutra, das die Wirkung beschreibt. Diese versetzt uns allerdings in Staunen, welches mächtige Werkzeug wir damit haben.

Wie oben beschrieben, ist der Ursprungsbegriff die Negation von Verletzung oder Gewalt. Wir kommen im Yoga nicht umhin, uns mit den bestehenden Formen von Verletzung zu beschäftigen. Diese dann loszulassen, ist der Zustand von ahimsā. Wir können nur vom Standpunkt der Verletzung ausgehend beschreiben, was Nicht-verletzen bedeutet.

Das Konzept, denn es ist mehr als ein Wort, von ahimsā ist älter als Yoga. Es existiert bereits im philosophischen System Indiens, in den Veden (ca. 2000 v.Chr.), auf denen der Hinduismus gründet. Hier zeigt sich die Verwurzelung des Yoga in der damaligen indischen Kultur, auch wenn Yoga ein eigener Weg war und ist. Gleichzeitig gibt es die Prinzipien der yama in ähnlicher Form auch im Buddhismus, Jainismus und im Christentum. Der indische Ursprung stellt also kein Hindernis für uns Menschen heute und im westlichen Kulturkreis dar.


Die Ebenen von ahimsā:

Während im Yogasutra eine Beschreibung fehlt, werden in den Veden die Ebenen von ahimsā beschrieben. Man kann vermuten, dass sie im Yogasutra als bekannt vorausgesetzt wurden. Sie sind gut nachvollziehbar und sie folgen dem Prinzip „Vom Groben zum Feinen“. Die Begriffe sind nicht wertend gemeint. Sie meinen vom „Offensichtlichen zum Subtilen“. Die Schüler*innen beginnen mit dem, was leicht zu erfahren und bekannt ist und dringen dann nach und nach in die feineren, verdeckteren Schichten vor.

Gewaltlosigkeit im Handeln (kayaka):

1. Direkte körperliche Gewalt gegen andere Menschen wird als erstes mit dem Thema Verletzung verbunden. Hier haben wir in den letzten 2000 Jahren andere Formen der Konfliktlösung gefunden (Diplomatie, Verhandlungen, Diskussionen) und uns gesetzliche Normen gegeben, die körperliche Gewalt unter Strafe stellt. Dennoch kommt körperliche Gewalt in der Welt (kriegerische Auseinandersetzungen, Revolten) und in unserer Gesellschaft in verschiedenen Kontexten (z.B. Straßenverkehr, Fußball, Kriminalität, häusliche Gewalt) und Formen (z.B. „metoo“) immer noch vor. Diese grobe Form der Gewalt wird in unserer Gesellschaft abgelehnt. Es wird nach Ursachen und Hilfen gesucht, um diese Form der Gewalt weiter zu reduzieren.

2. Gibt es indirekte körperliche Gewalt? Diese Art von Gewalt ist uns oft nicht bewusst und wir sind häufiger daran beteiligt, als wir wissen. Wenn wir Produkte kaufen, die unter Bedingungen erstellt oder transportiert werden, durch die Menschen und auch Tiere und die Natur Schaden erleiden, sind wir indirekt an dieser Form von Verletzung beteiligt. Wir kennen die Bilder aus Nähereien, Färbereien und Schuhfabriken (Chemikalien ohne entsprechende Schutzkleidung), Spielzeugfabriken, Smartphone-fabriken, auf Obst-, Kakao-, Kaffee- oder Teeplantagen und neuerdings in unmittelbarer Nähe in Schlachtbetrieben, auf Erdbeer-und Spargelfeldern. Noch grausamer sind die Verhältnisse in Minenbergwerken für seltene Erden oder Edelmetalle. Das alles würde es nicht geben, würden wir uns über unser Geld nicht an diesem Prozess beteiligen. Wir üben zwar selbst keine Gewalt aus, aber ist unser Verhalten deshalb ahimsā? Die Billigung von Gewalt durch andere ist relativ neu und eine Folge der Industrialisierung und Globalisierung.

Diese, aus unserer Perspektive, indirekte Form von Gewalt zu vemeiden, ist kompliziert, weil sie, wie die Beispiele zeigen, fast alle Bereiche unseres täglichen Bedarfs durchzieht. Wenn wir ahimsā ernst nehmen, müssen wir uns damit auseinander setzen. Wir müssen unsere Bequemlichkeit oder einige angenehme Gewohnheiten aufgeben.
Positive Beispiele gibt es seit Jahren: Es werden fairtrade-Produkte angeboten mit steigender Tendenz in vielen Konsumbereichen. Es wird einfacher, auch hier nach dem Prinzip von ahimsā zu leben. Ein Start-up hat sich der Situation der Näher*innen angenommen und eine praktische Lösung entwickelt. https://www.stern.de/wirtschaft/trinkgeldsystem-gruender-fuer-naeher—einige-unternehmen-wollen-nicht-zeigen–wie-es-den-arbeitern-geht–9244564.html

3. Zur körperlichen Verletzung gehört auch unser Umgang mit Tieren. Noch gelten in unserem Rechtssystem Tiere als „Sachen“. Das beruht auf unserem kulturellen Erbe seit der Domestizierung von Tieren, wie der Begriff Nutz-Tiere zeigt. Wir (be-) nutzen andere Lebewesen für unsere Zwecke wie Nahrung und Kleidung.
Auch wenn Tiere dressiert oder im Sport eingesetzt werden, wird oft Gewalt angewendet, z.B. im Reitsport.
Vor allem im Bereich der „Nutz-„Tiere geschehen Verletzungen. Sie werden bereits während ihres Lebens mißhandelt und verletzt. Wenn ein Tier getötet wird, geht das nicht ohne Verletzung und Gewalt. Wir wollen ja kein Fleisch von altersschwachen oder kranken Tieren essen, sondern von möglichst jungen. Und ja: Auch Fische sind Tiere. Interessanterweise sind die Tiere, die wir in unserer Kultur essen, alle Pflanzenfresser, also Veganer: Schafe, Rinder, Schweine, Hühner, Gänse, Enten, Rehe, Hirsche, Hasen. Könnte man nicht einfach den „Umweg“ über die Tiere und damit deren Leid durch eine vegane Ernährung vermeiden?

Wenn man konsequent die Verletzung von Tieren vermeiden will, bleibt nur vegane Ernährung. Warum? Kühe, Schafe und Ziegen geben keine Milch, weil sie uns Menschen etwas Gutes tun wollen. Die Tiere geben nur dann Milch, wenn sie Nachwuchs erwarten. D.h. für die Milchprodukte werden Tiere geboren, die dann geschlachtet werden. Außerdem wird Käse immer noch mit tierischem Lab hergestellt. Lab wird aus Kälbermägen gewonnen. Hier gibt es bereits seit 1975 Alternativen (sog. mikrobielles Lab).

Es ist ein heikles Thema, denn unsere Kultur baut auf dem Fleisch-„Genuss“ auf. Es muss Vorteile in der Evolution gegeben haben, damit sich diese Ernährung durchgesetzt bzw. erhalten hat. Es gibt Untersuchungen über den Stoffwechsel, die zeigen, dass Lebewesen, die sich vegan ernähren einen langsameren Stoffwechsel haben als Fleischfresser. Man denke nur an das Faultier oder die Schildkröte. Sie sind langsamer und vielleicht deshalb Feinden eher ausgeliefert, während Fleischfresser schneller sind und eher überleben. Es gibt allerdings auch schnelle Pflanzenfresser wie das Pferd. Es braucht dafür große Mengen an Nahrung.

Ein anderer Vorteil von Fleischfressern könnte gewesen sein, dass sie leicht viel Eiweiß aufnehmen können, was vorteilhaft für das Gehirn ist. Es braucht u.a. Eiweiß. In unserer menschlichen Entwicklung kann der Verzehr von Fleisch also Vorteile gebracht haben. Außerdem spielten zu Beginn wahrscheinlich ethische oder moralische Überlegungen keine Rolle.

Im 21. Jahrhundert können wir uns jedoch fragen, ob wir diese Ernährung immer noch brauchen: Wir jagen und fliehen nicht (selten), brauchen dafür mehr Energie für unser Gehirn. Wir kennen aufgrund unserer wissenschaftlichen Erkenntnisse andere Eiweißquellen. Allerdings liefert Fleisch nicht nur Eiweiß, sondern auch andere lebenswichtige Nährstoffe, z.B. das Vitamin B12 für die Nerven, das es nicht in Pflanzen bzw. in einer Form gibt, die vom Körper aufgenommen werden kann. Fleischverzicht funktioniert nur im Rahmen einer Ernährungsumstellung, sonst verletzen wir uns selbst. Das gilt noch mehr für eine vegane Ernährung.

Und wie steht es um unsere indirekte Beteiligung an dem Aussterben vieler Tierarten, in dem wir in ihre Lebensräume eindringen oder sie zerstören (Abholzung, Monokulturen, Wasserverschmutzung)? Wir stören ihren Lebensrhythmus durch Lärm von Schiffen und Bohrungen.

Das Thema ahimsā ist überaus aktuell und um einiges umfangreicher als zu Zeiten des Yogasutra. Diesen Aufzählungen kann man noch manches hinzufügen, z.B. Wie gehen wir mit Mücken um? Oder Spinnen? Kann man mit Haustieren mitfühlen und gleichzeitig Fleisch essen?

An der Stelle eine besondere Form des Tierschutzes: In Indien tragen die oben genannten Jains einen kleinen Besen bei sich und fegen die Straße vor jedem Schritt, um keine Tiere zu zertreten.


Gewaltlosigkeit in der Sprache (vācaka):
Wir sprechen jeden Tag viele Worte. Manche Worte sind überlegt, manche sprudeln spontan aus uns heraus. Wir sind uns in der Regel nicht bewusst, welches machtvolle Werkzeug sie sind.

Wie auf der körperlichen Ebene gibt es auch auf der sprachlichen Ebene verschiedene Formen von Verletzungen.

1. Wenn Konflikte eskalieren, geschieht dies oft mit und durch grobe Worte z.B. Beleidigungen, Abwertungen, Beschimpfungen. Sie verletzen, würdigen die andere Person herab oder beschämen. Sie sind Ausdruck von Hilflosigkeit, Wut, Enttäuschung oder Grenzverletzung. Mit Abstand betrachtet werden sie bedauert und zurückgenommen. Dennoch hinterlassen sie oft tiefe Verletzungen. Interessanterweise rufen verbale Verletzungen in denselben Bereichen des Gehirns Reaktionen hervor wie körperliche Angriffe. Eine verbale Verletzung ist also neurologisch nicht weniger „schlimm“ als eine körperliche. Das Wissen kann uns helfen, noch achtsamer zu werden.

2. Feinere Verletzungen und gesellschaftlich unkritisch gesehen sind Ironie, Sarkasmus und Witze auf Kosten anderer. Sie werden sogar bewusst als Stilmittel verwendet, um etwas überspitzt darzustellen oder einen direkten Angriff zu vermeiden. In einem entsprechendem Zusammenhang kann das passen.

Welche Wirkung haben diese Ausdrucksformen im Alltag, wenn sie mehr oder weniger unbewusst eingesetzt werden? Ironie und Sarkasmus sind verdeckte Angriffe. Verdeckt deshalb, weil man die direkte Konfrontation vermeidet. Für die andere Person ist es deshalb schwer, sich zu wehren. Wenn sie reagiert, kann sich der/die Angreifer*in darauf zurückziehen, dass es „nicht so gemeint war“. Mit dem Argument „es war nur ein Witz“ wird die Person erneut verletzt, weil sie jetzt auch noch als humorlos dasteht. Der/die Angreifer*in steht nicht als Täter*in da und hat trotzdem getroffen. Das ist nicht ahimsā.

Witze auf Kosten anderer, z.B. über „peinliche“ Situationen, wie sie manchmal in Gruppen geschehen, verletzen die Würde des Menschen, indem sie ihn beschämen. Dahinter steht das Motiv, dass man sich selbst besser fühlt und aufwertet. Der betroffene Mensch schützt sich dann, indem er sich nichts anmerken läßt, mitlacht oder noch „eins drauf setzt“, aber meistens ist er getroffen und tief verletzt. Gern wird aus dem gleichen Motiv auch über Abwesende gesprochen. Dazu hier eine Geschichte  aus dem  Yoga Journal. Im Internet gibt es reichlich Beispiele für diese Art von Verletzungen. Unter dem Aspekt von ahimsā verbietet sich das Teilen solcher Nachrichten natürlich.

3. Sachliche Informationen sind aber auf jeden Fall ahimsā, sollte man meinen. Manchmal mangelt es an der respektvollen und achtsamen Art und Weise der Mitteilung. Vergleichen Sie die beiden Beispiele. Es geht um die Diagnose Krebs:

  1. Wir haben jetzt das Ergebnis. Sie haben Krebs. Wir machen jetzt erstmal eine Chemo und dann folgt…..
  2. Wir haben jetzt das Untersuchungsergebnis und kennen jetzt die Ursache. Damit haben wir jetzt folgende Möglichkeiten der erfolgreichen Behandlung…..

Wir können nie wissen, wie die Informationen beim anderen ankommen. Wir können in unserer täglichen Kommunikation achtsam und bewusst sein. Da unsere Ausdrucksweise auch immer unsere innere Haltung spiegelt, können wir über diese Ebene langfristig unsere Kommunikation verbessern. Es gibt auch außerhalb von Yoga Modelle für Kommunikation, z.B. die „Gewaltfreie Kommunikation“ von Marshall B. Rosenberg oder die „Sender-Empfänger-Theorie“ von Schulz von Thun. Sich damit zu beschäftigen- mittels Seminaren und Medien kann unsere innere Haltung für ahimsā stärken.


Gewaltlosigkeit in Gedanken ( manasika):

Dies ist die feinste Ebene von ahimsā. Eigentlich beginnt jede Form von Gewalt und Gewaltlosigkeit als Gedanke. Welche Art von Gedanken wir gerade denken, ist uns im Alltag nur selten bewusst. Wir merken unsere verletzenden Gedanken über andere oder uns selbst nicht. In bestimmten Situationen tauchen sie auf, weil wir sie erlernt haben. Alle unsere Gedanken haben wir gelernt, wir wurden nicht mit ihnen geboren. Sie sind zu einem Teil von uns geworden und so selbstverständlich, dass sie ohne unser bewusstes Zutun kommen und gehen. Dazu zählen auch verletzende Gedanken. Sich einzugestehen, nicht nur Opfer, sondern auch Täter*in zu sein, ist ein schwieriger, wenn auch unumgänglicher Lernschritt. Als Opfer bekommen wir Mitgefühl und/oder Zuwendung, als Täter*in selten. Das trägt im allgemeinen dazu bei, die Verantwortung lieber bei anderen zu suchen.

Eine Möglichkeit, hier eine Veränderung herbeizuführen, ist die Yoga-und Meditationspraxis. Durch diese Praxis, die das Yogasutra zuvor beschreibt, wird unser Geist so ruhig, dass wir unsere Gedanken wahrnehmen, prüfen und verändern können. Die Yogapraxis ist der Weg zu einem gewaltfreien Leben. Mit und in unseren Gedanken beginnt und endet alles. Erst wenn wir auf dieser Ebene gewaltfrei sind, kann es im Handeln und Sprechen gelingen. Nicht verletzen ist mehr als „Du sollst nicht töten“- es ist eine den ganzen Menschen betreffende innere Haltung. Eine Trennung in verschiedene Ebenen dient lediglich der theoretischen Erörterung.

Deshalb beginnen die yama mit ahimsā und können nur auf dieser Basis gelebt werden.


Die Auswirkung von ahimsā auf unser Leben:

Die Wirkung dieser inneren Haltung laut Yogasutra ist beeindruckend:
In der Nähe eines Menschen, der Meisterschaft in ahimsā erreicht hat, werden selbst wilde Tiere und gefährliche Kriminelle zahm und harmlos. (YS 2.35)*

Das sutra beschreibt, dass Menschen und Tiere spüren, wenn sie es mit einem friedfertigen Menschen zu tun haben, von dem keine Gefahr ausgeht. „Er/sie/ich kann keiner Fliege etwas zuleide tun.“ Und wenn keine Gefahr droht, kann das Gegenüber auch entspannen und in eine friedfertige Haltung kommen. Die Haltung von ahimsā wirkt deeskalierend.

Die „Meisterschaft“, also die völlige Integration von ahimsā ist ein hohes Ideal. Das sollte uns nicht davon abhalten, es immer wieder zu versuchen:

  • Jeder Schritt in diese Richtung wird unser Leben friedlicher und entspannter machen, denn wir werden immer weniger Konflikte mit anderen erleben.
  • Noch mehr trägt ahimsā zu unserem inneren Frieden bei, denn unsere inneren Konflikte sind sehr viel häufiger als die im Außen.
  • Wenn wir andere verletzen, gehen wir bewusst oder unbewusst auch davon aus, dass andere uns auch verletzen wollen. Das beeinträchtigt die Beziehung zu anderen Menschen. So entsteht ein unheilvoller Kreislauf, den wir mit ahimsā stoppen können.
  • Wir befreien uns von dem Zwang unserer inneren erlernten stereotypen leidvollen Gedanken und Handlungsweisen.
  • Vielleicht übt jemand einen Beruf aus, in dem er/sie am oben beschriebenen Leid beteiligt ist. Wenn eine berufliche Veränderung möglich ist, ist es gut. Wenn nicht, sollten wir das würdigen. Es  bleiben immer noch genug Möglichkeiten in anderen Bereichen, sich in ahimsā zu üben.
  • Ahimsā ist ein langer Weg und wir sind auch hier zu abhyāsa, unserem Durchhaltevermögen, unserer Disziplin aufgefordert.
  • Wir können unsere Verantwortung für ahimsā nicht an Politiker*innen delegieren und auf entsprechende Schutzgesetze warten. Die Gesellschaft ist so gewaltfrei wie alle ihre Individuen. Auf uns kommt es an.
  • Wenn wir einen anderen Menschen verletzen, verletzen wir uns selbst. Die Geschichte im Café ist dafür ein Beispiel. Wir beschädigen unsere Würde und das verhindert unseren inneren Frieden und das Erreichen der „Meisterschaft von Yoga.“  Nelson Mandela schreibt dazu in seiner Biographie:“ Der Unterdrücker und der Unterdrückte sind gleichermaßen ihrer Menschlichkeit beraubt…Denn um frei zu sein….muss man so leben, dass man die Freiheit des anderen respektiert.“**

Es gibt Menschen, die uns auf diesem Weg zur Meisterschaft ein Stück voraus sind. Von ihnen können wir lernen, dass ahimsā ein mächtiges Werkzeug ist, mit dem man viel bewegen kann und das viel mehr Formen hat, als wir vielleicht denken.

  • Martin Luther King (USA) gilt als einer der herausragendsten Vertreter im gewaltfreien Kampf gegen Unterdrückung und soziale Ungerechtigkeit und war zwischen Mitte der 1950er und Mitte der 1960er Jahre der bekannteste Sprecher des Civil Rights Movement, der US-amerikanischen Bürgerrechtsbewegung der Afroamerikaner. Er propagierte den zivilen Ungehorsam als Mittel gegen die politische Praxis der Rassentrennung (Racial segregation) in den Südstaaten der USA mit religiösen Begründungen und nahm an entsprechenden Aktionen teil. Er hat z.B. durch gewaltlosen Widerstand ein Gerichtsurteil durchgesetzt, dass Farbige in öffentlichen Verkehrsmitteln berechtigt, sitzen zu bleiben und nicht den Sitz für einen Weißen freizumachen. Wesentlich durch Kings Einsatz und Wirkkraft ist das Civil Rights Movement zu einer Massenbewegung geworden, die schließlich erreicht hat, dass die Rassentrennung gesetzlich aufgehoben und das uneingeschränkte Wahlrecht für die schwarze Bevölkerung der US-Südstaaten eingeführt wurde. Wegen seines Engagements für soziale Gerechtigkeit erhielt er 1964 den Friedensnobelpreis
  • Mahatma Gandhi (Südafrika und Indien): An der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert setzte sich Gandhi in Südafrika für die Gleichberechtigung der Inder ein und entwickelte dabei Methoden des gewaltlosen, politischen Kampfes. Als einer der ersten setzte er in Indien den Hungerstreik als politische Waffe ein. Die Unabhängigkeitsbewegung, die Gandhis Ideen von gewaltfreien Aktionen und zivilem Ungehorsam aufgriff, erreichte im August 1947 das Ende der britischen Kolonialherrschaft über Indien. Bekannt ist seine Spinnradkampagne.

„Es gibt keinen Weg zum Frieden, Frieden ist der Weg“ Mahatma Gandhi.

 

* Patanjali Das Yogasutra, R.Sriram, Theseus-Verlag 2003, S.129

**Nelson Mandela Der lange Weg zur Freiheit, Autobiographie, Spiegel-Verlag 2006/2007, S. 785