Die Hindernisse YS 1.30 – 8. alabdhabhumikatva

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Alabdhabhūmikatva ist die Folge oder das Resultat aus einem oder mehreren vorhergehenden Hindernissen. Das sutra 1.30 ist so strukturiert, dass wir logisch dorthin geführt werden. Während die anderen Hindernisse von Anfang an zu beobachten sind, begegnen wir dem Hindernis alabdhabhūmikatva, wenn wir eine Weile auf dem Yogaweg sind. Auch deshalb ist die Reihenfolge logisch.

Auch dieses Hindernis mit dem langen Namen zählt zu den geistigen und damit subtileren Hindernissen. Subtiler im Vergleich zu den körperlichen Hindernissen und zum Erkennen dieses Hindernisses. Der Körper reagiert oft sehr deutlich und spürbar in Form von Symptomen, z.B. Schmerzen, Ermüdung, Schwäche, Schwere. Der Geist „meldet“ sich nicht so deutlich, so dass eine Störung erst nach einer Weile bemerkt wird, z.B. Zertreutheit, Merkfähigkeit, mentale Schwere.

Nur durch Aufmerksamkeit und Wachsamkeit können wir uns dieses Hindernisses bewusst werden und dann Strategien entwickeln um damit umzugehen.


Der Begriff alabdhabhūmikatva

Alabdha bedeutet übersetzt „nicht erreichen oder erhalten“

Bhūmi heißt Erde, Boden, Grund

Katva heißt „Bett“. (www.yogapedia.com)

Mit den Bildern von Erde und Bett (bhūmikatva) wird der Zustand von innerer natürlicher und leichter Stabilität auf dem Yogaweg beschrieben. Die Praxis und die innere Haltung haben eine stabile Grundlage. Sie sind angenehm und leicht.

Alabdha ist die Unfähigkeit und alabdhabhūmikatva bedeutet: Die Unfähigkeit, die Praxis zu einem festen Boden werden zu lassen um sich darauf weiter zu entwickeln. Und so ist es unmöglich, das Ziel jemals zu erreichen. Wir stecken fest. Hier handelt es sich also um ein sehr ernstes Hindernis im Zusammenhang mit der Funktionsweise unseres Geistes.

Alles Lebendige will sich weiterentwickeln. Und so haben auch wir den Willen und die Fähigkeit dazu in unseren Genen. Nur so hat sich die Menschheit weiterentwickelt und nur deshalb ist aus uns als einem anfangs hilflosen ein selbständiges Wesen geworden. Wenn wir also diesen starken Lebenstrieb in uns haben, wie kommt es dann zur Stagnation? Was kann diesen Wunsch nach Entwicklung und Zielerreichung blockieren? Und wie können wir diese Blockade überwinden?


Auslöser von alabdhabhūmikatva im Yogasutra

Es ist naheliegend, die zuvor in dem sutra genannten Hindernisse hinsichtlich ihrer Bedeutung als Auslöser für alabdhabhūmikatva zu betrachten. Sie sind nicht selbst die Ursache, vielmehr ist es unsere Bewertung und die Bedeutung, die wir ihnen geben. So können sie, müssen aber nicht, hier eine Rolle spielen. Ob sie eine Rolle spielen und in welchem Ausmaß ist von Mensch zu Mensch unterschiedlich. Wenn sie eine Rolle spielen, ist es wichtig, das zu erkennen und damit zu arbeiten.

Krankheit, Unwohlsein, chronische Schmerzen können den Geist in verschiedener Hinsicht beschäftigen. Er kommt nicht zur Ruhe, weder auf der Matte noch im Alltag, weil die Krankheit Sorgen und Ängste bereitet und die Arzt-und Therapiebesuche Zeit erfordern. So fehlt zum einen die innere Ruhe um überhaupt die Praxis auszuführen. Zum anderen fehlt es an nötiger Energie, denn dem Körper fehlt ohnehin Energie und die Situation kostet zusätzliche Energie. Und ohne regelmäßiges Üben kann es keine stabile Praxis und daraus keine Entwicklung geben.

Dieser Zustand des Geistes ist für sich selbst genommen schon ein Hindernis. Er ist auch ein Auslöser für alabdhabhūmikatva. Wenn der Geist träge ist und von der Meditation oder āsana-Praxis abhält und sie immer wieder auf morgen verschiebt, bleiben wir immer auf dem gleichen Stand.

Ein unsicherer und deshalb immer wieder zweifelnder Geist, ob die Praxis die richtige ist oder wir richtig oder falsch üben hält uns im jeweiligen Status fest und läßt keine Veränderung zu. Der Geist ist auch nicht bereit für neue Erfahrungen, weil er bereits vorher mit den Zweifeln beschäftigt ist. Für die Erfahrung ist Präsenz notwendig, das wahrnehmen was gerade ist, ohne es sofort zu bewerten. Der Zweifel ist eine Form von Bewertung. Mit diesen ständigen Zweifeln und Grübeleien ist es unmöglich, eine feste, solide und angenehme Praxis zu erleben und ein Fundament für die Entwicklung zu legen.

Die Entwicklungen, die uns am Anfang der Yogapraxis geschenkt werden, wecken die Erwartung, dass es in dem Tempo weitergeht und wir rasch das Ziel erreichen. Dem ist naturgemäß nicht so, denn am Anfang entdecken wir die offensichtlichen und leicht erreichbaren Themen schnell. Je subtiler unser Weg wird, je näher wir dem Unbewussten kommen, desto länger dauert es von einem zum nächsten Erkenntnisschritt. Auch werden wir mit Hindernissen konfrontiert, die wir zu Beginn nicht kennen konnten und die uns aufhalten. Wir haben es uns leichter vorgestellt.

Unser Fortschritt deckt sich nicht mit unserer Erwartungshaltung. Wir werden unsicher (s.o.) und ungeduldig und letztendlich frustriert. Wir verlieren die Freude an der Praxis. Dann geben wir vielleicht auf und fangen nach einiger Zeit wieder von vorne an. Zurück auf Start. So kommen wir nicht weiter.

Ālasya ist ein Ausdruck von tamas, dem inneren Zustand von Schwere. Diese innere Schwere läßt uns träge sein. Trägheit behindert immer eine Entwicklung, auch im Alltag. „Ohne Fleiß kein Preis“. Wir wünschen uns, dass der Geist immer ruhiger wird und wir immer freier werden und gleichzeitig ist die Trägheit zu groß, um zu üben. Es erscheint zu anstrengend oder mindestens unbequem und es ist viel schöner, einen Film zu schauen, ein Buch zu lesen oder was auch immer.

Solche Phasen sind menschlich und wir kennen sie von Zeit zu Zeit. Wenn ālasya der beherrschende oder dominierende Zustand ist, führt er zu einer Blockade und zu alabdhabhūmikatva.

  • 6.avirati– Das Abgelenktsein / mangelnde Zielstrebigkeit

Wenn es uns an Zielstrebgigkeit mangelt, lassen wir uns auf dem Weg zur Yogamatte oder auch während der Praxis schnell ablenken, z.B. von einer Nachricht. Das ist avirati. Oder uns fällt auf der Matte ein, was wir „dringend“, d.h. sofort, erledigen müssen. Dafür unterbrechen wir die Praxis und setzen sie dann vielleicht nicht fort. Dann kann die Praxis nicht ihre Wirkung entfalten. Nur durch die regelmäßige Praxis wird der Geist fokussierter und ausgerichteter. Und diesen Zustand brauchen wir.

Die falsche Selbstwahrnehmung kann die Entwicklung be- bzw. verhindern. Ein Gefühl von Minderwertigkeit suggeriert, dass das Ziel nicht erreicht werden kann. Es wird nie genug sein, es wird nie richtig sein-wozu also üben. Oder es gibt das Gedankenmuster, sich nicht selbst und damit auch die Praxis nicht so wichtig zu nehmen. Es gibt keine (innere) Erlaubnis, sich Zeit für die eigenen Bedürfnisse und die eigene Entwicklung zu nehmen. Es gibt immer wieder Andere und deren Bedürfnisse, denen Vorrang gegeben werden muss.

Ein Gefühl von Überheblichkeit suggeriert, schon so viel erreicht zu haben, dass man die Praxis jetzt mal „lockerer“ sehen kann. Oder man muss nicht mehr üben, weil das Ziel schon erreicht und alles verstanden wurde.

Das Erkennen eines Hindernisses kann genügen um es aufzulösen. Wenn das nicht der Fall ist, kann man tiefer schauen-auf die Ursache, die Wurzel. Das Hindernis ist nur der Auslöser für alabdhabhūmikatva, die Ursache liegt darin, wie wir mit dem Hindernis umgehen-oder es mit uns. Jedes Hindernis ist letztendlich nicht das Problem, sondern vielmehr ein Lösungsversuch, der aber im Hinblick auf das Yogaziel nicht zielführend ist.

Wofür ist es ein Lösungsversuch? Was ist die Ursache?

Der Geist muss viele Sinneseindrücke aufnehmen, bewerten, verarbeiten und entscheiden, ob sie wichtig sind oder nicht. Aus den vielen Erfahrungen mit diesem Prozess sind Gedanken-und Verhaltensmuster als Lösung für diese oder ähnliche Situationen entstanden. Das nennt man Lernen. Und auf diese erlernten Muster greift unser Geist im Alltag automatisch zurück, denn die Option, nicht sofort zu reagieren, sondern Abstand zu halten und dann zu bewusst entscheiden, hat unser Geist nicht gelernt. Das gehört nicht zu seinem Repertoire. Im Alltag ist es in manchen Situationen auch keine gute Lösung. Aber diese Fähigkeit innezuhalten brauchen wir, um den Geist von problematischen Lösungsversuchen, die Hindernisse sind, zu befreien.

Die klesa sind Erklärungsmodelle des Geistes. So erklärt sich der Geist die Welt und vor allem seine eigene Existenz. Diese Modelle sind die Grundlage und damit Ursache der Lösungsversuche und daraus folgend der Hindernisse:

Unser bekanntes Bewusstsein, Geist genannt, hat die Erfahrung gemacht, dass unser sichtbares und erfahrbares Ich- Körper, Gedanken, Gefühle- und alles, was er als „Mein“ bezeichnet die alleinige Existenz ist. Weil es von einem anderen allumfassenden Bewusstsein, das wir sind, nichts weiß, täuscht es sich über seine wahre Existenz. Das wird avidyā (YS 2.4/2.5) genannt. Aufgrund dieser Täuschung, dass es nur dieses eine Ego als Exitenzform gibt, stellt es dieses Ego, asmitā (YS 2.6) in den Mittelpunkt der Entscheidungsprozesse. Das alleinige Ziel ist, für die Sicherheit und das Wohlbefinden dieses Ego zu sorgen. Der Geist ist also ständig beschäftigt, dafür zu sorgen, dass die Welt so ist, wie das Ego es braucht. So ist es kein Wunder, dass der Geist auch auf der Matte nicht loslassen kann. Gerade wenn es um das Hindernis vyādhi, Krankheit geht, ist der Geist sehr gefangen, denn jede Krankheit ist bewusst oder unbewusst von der Angst vor dem Tod begleitet (abhinivesa YS 2.9). Das Ego ist – aus der Sicht von asmitā – alles was existiert und in dem Moment, in dem es durch Krankheit bedroht ist, ist es existenziell bedroht. Es kann sich auch bedroht fühlen durch Alter, Arbeitsplatzverlust, Verlust von Vermögen oder von Menschen (auch wenn der Mensch längst selbständig leben kann), denn am Ende kann der Tod durch Verhungern oder Schutzlosigkeit stehen.

Letztendlich ist der Tod unausweichlich und kann vom Ego nicht verhindert werden. Doch so gut es geht sorgt das Ego für ein Gefühl der Sicherheit, man könnte auch sagen, für eine Illusion. Alles, was nach den bisherigen Erfahrungen und auch in der Vorstellung als bedrohlich erlebt wird, wird abgewehrt, vermieden und bekämpft (dvesa YS 2.8). Alles, was dieses Gefühl der Sicherheit stärkt, wird verteidigt und festgehalten (rāga YS 2.7). Das kann verbal oder auch physisch geschehen oder in Form einer Sucht: Verdrängung der Angst oder Vermeidung von Angst.

Aus diesen Ursachen resultieren dann verschiedene Strategien oder Lösungsversuche im Alltag, abhängig von den individuellen Erfahrungen des Ego und der Selbsteinschätzung bzw-wahrnehmung. Sie werden im Yogasutra Hindernisse genannt. Avidyā und asmitā, die falsche Wahrnehmung des Ich führt zu einem verzerrten Selbstbild (bhrantidarsana) und dann zu (Selbst-) Zweifel (samsaya), Ungeduld (pramāda) und/oder zum Aufgeben oder Resignieren (styāna und ālasya). Die damit verbundene Angst (abhinivesa) führt zu Unruhe (avirati) und ständigem Abgelenktsein durch äußere Wahrnehmungen um alles abwehren oder verteidigen zu können.


Auswirkungen von alabdhabhūmikatva-YS 1.31

  • Im Alltag begegnet uns das Hindernis auch. Es kann im beruflichen, sportlichen, musischen oder künstlerischem Bereich sein. Mit Enthusiasmus beginnen wir. Wir planen Zeit dafür ein, investieren in Kurse und Ausstattung und schaffen dafür Dinge an. Wir verzichten dafür auf anderes. Vor unserem geistigen Auge haben wir ein Ziel und stellen uns vor, wie es ist und wie wir uns fühlen, wenn wir es erreicht haben. Nach einiger Zeit aber melden sich unsere alten Gewohnheiten die wir zurückgestellt haben immer deutlicher und wir kommen in eine Zwickmühle. Dann lassen wir unsere Praxis mal „ausnahmsweise“ ausfallen. Wird die Praxis fordernder und anstrengender, wird der Enthusiasmus merklich gedämpft. Und dann kommen so nach und nach andere Ausreden: Ein dringender Termin, der Stress, zu müde……Nach einiger gewissen Zeit vermissen wir dann doch unsere Praxis und starten mit neuem Elan wieder. Leider können wir nicht dort weitermachen, wo wir aufgehört haben. Wir müssen wieder auf dem Anfangsniveau beginnen. So erleben wir alabdhabhūmikatva auch im Alltag als Hindernis. Üblicherweise suchen wir dann die Ursache nicht in unserem Geist, sondern projezieren sie auf äußere Umstände (Arbeit, Termine) oder auf andere Menschen (Kinder, Partner*in, Familie). So kommen wir nie zum Ziel. Yoga bietet uns andere Lösungen an.
  • Das Yogasutra führt die Auswirkungen im YS 1.31 auf. Nicht nur der Geist bleibt in einem unruhigen Zustand, auch der Körper und der Atem bleiben gestört. Schmerz und Leiden, mentale Enge (die Gedanken bewegen sich im Kreis), genannt duhkha, zwanghafte pessimistische und trübsinnige Gedanken (daurmanas), Zittern oder Unbeherrschheit (anga ejayatva) und ein ungleichmäßiger und angestrengter Atem (svāsaprasvāsa) zeigen, dass wir die Hindernisse noch nicht überwunden haben.

Der Umgang mit alabdhabhūmikatva im Yogasutra

Die Hindernisse sind Ausdruck eines unruhigen Geistes (citta viksepa, YS1.30/1.31). Solange die Hindernisse da sind und wirken, ist der Geist nicht ruhig und kann es auch nicht werden. Das Ziel ist also, den Geist von diesen Hindernissen zu befreien, um in einen ruhigen Zustand kommen zu können. Deshalb ist es für eine Entwicklung unerläßlich, einen Umgang mit ihnen zu finden, so dass sie den Geist nicht mehr stören. Wie können wir mit den Hindernissen des unruhigen Geistes die Hindernisse überwinden? Wie ist dieses Dilemma zu lösen? Was sagt das Yogasutra?

Solange die Hindernisse unbewusst aktiv sind, sind wir machtlos. Sie steuern unser Denken und Handeln ohne es bewusst zu bemerken. Der erste Schritt ist die Bewusstwerdung der Hindernisse. Dazu müssen wir unsere Aufmerksamkeit aus dem Alltag und der Außenwelt nach innen richten. Wir brauchen dafür eine Zeit des Rückzugs, ohne Beschäftigung mit Aufgaben und ohne Kontakte. Die Zeit auf der Yogamatte oder in der Meditation ist die Zeit dafür. Die Außenwelt tritt in den Hintergrund und die Wahrnehmung ist beim Körper, beim Atem, bei den Gedanken und Gefühlen. Wenn es möglich ist, können wir auch im Alltag für einige wenige Atemzüge die Augen zu schließen und nach innen zu spüren. Das reicht aber nicht aus, weil die Hindernisse (meistens) nicht auf Wunsch und „auf Knopfdruck“ mal schnell erscheinen.

Ist unsere Aufmerksamkeit bei unserem innerem Geschehen, können wir die Hindernisse bewusst wahrnehmen. Dazu braucht es Zeit und Wiederholung. Diese Dinge sind tief in unserem Unbewussten verborgen und es braucht viel Zeit bis sie nach und nach ins Bewusstsein kommen. Es ist ein Prozess. Das wird durch den Begriff des Selbststudiums ausgedrückt. Ein Studium ist ein Prozess des Lernens, Erkennens, Verstehens, Vertiefens bis alles ganz verstanden ist mit allen Facetten. Das Objekt dieses Studiums ist unser Geist.

Unter svadhyāya versteht man auch das Studium von Texten wie das Yogasutra, die Bhagavadgīta oder von Kommentatoren wie Vyasa oder Biographien von Menschen, die die Hindernisse gemeistert haben. Sie bringen Erkenntnisse, wie die Hindernisse überwunden werden können.

Für den Umgang mit diesen fest in uns verankerten Strukturen und den Hindernissen (tat= diesen) brauchen wir das stetige und wiederholte Bemühen, unseren Geist immer wieder auf einen Punkt auszurichten (eka). Wir richten uns immer wieder auf dieses Ziel aus – trotz der Hindernisse und trotz der klesa. Dafür brauchen wir Energie und Leidenschaft – tapas. Diese Energie der Beharrlichkeit ist langfristig stärker als die Energie der Hindernisse. In festem Vertrauen, shraddhā, in diese Energie, in unsere Fähigkeit und in das Ziel wird das Fundament unserer Praxis immer stärker. Und Schritt für Schritt gehen wir weiter. Abhyāsa schwächt die klesa und läßt das Wissen aufscheinen. Je schwächer die klesa werden, desto schwächer werden die Hindernisse, da ihnen der Boden entzogen wird.

  • astanga yoga – Die acht Aspekte YS 2.29

Im zweiten Kapitel beschreibt das Yogasutra einen achtgliedrigen Übungsweg, der von den Hindernissen befreit (YS 2.28). Dieser Weg ist ein Weg des Übens, des Tuns. Nur dann geschieht die Befreiung von den Hindernissen und das Ziel kann erreicht werden. Zwei Schritte betreffen unseren Alltag: die yama (YS 2.35-2.39) und die niyama (YS 2.40-2.45). Die anderen Schritte sind: āsana (YS 2.46-247)  prānāyāma (YS 2.49-2.53), pratyahāra und dhāranā (YS 3.1), dhyāna (YS 3.2), samādhi (genannt samyoga, YS 3.3).


Alabdhabhūmikatva ist keine Charakterschwäche. Vielmehr liegen dem verschiedene Ursachen zugrunde. Sie betreffen unseren Alltag und die Funktionsweise des Geistes. Es gilt sie zu erforschen, auch wenn wir dabei auf unangenehme Ergebnisse stoßen, die nicht zu unserem Selbstbild eines erwachsenen, selbstbestimmten Menschen passen. Vielleicht tauchen auch schmerzhafte Ereignisse auf, die uns bisher nicht (mehr) bewusst waren. Trotz der Hindernisse regelmäßig an der Praxis dranzubleiben, zeigt eine vorhandene Stärke. Es zeigt auch die Wirkung der Praxis und das wir auf dem richtigen Weg sind.

Mit der Haltung der bhāvana (YS 1.33), nämlich nicht streng und abwertend, sondern liebevoll (maitrī), mit Mitgefühl für unsere Schwierigkeiten (karunā) und, als wichtige Motivation, die Mitfreude an der Praxis und unserem Fortschritt (mudita) sowie Verständnis und Vergebung, wenn wir mal wieder scheitern (upeksa), in festem Vertrauen (shraddhā) und mit leidenschaftlicher Hingabe (tapas, īsvarapranidhāna YS 2.45) können wir jedes Ziel erreichen.